Johann Wolfgang von GoetheFrühling übers Jahr
Das Beet, schon lockert
Sich’s in die Höh‘,
Da wanken Glöckchen
So weiss wie Schnee;
Safran entfaltet
Gewalt’ge Glut,
Smaragden keimt es
Und keimt wie Blut.
Primeln stolzieren
So naseweis,
Schalkhafte Veilchen,
Versteckt mit Fleiss;
Was auch noch alles
Da regt und webt,
Genug, der Frühling,
Er wirkt und lebt.
Doch was im Garten
Am reichsten blüht,
Das ist des Liebchens
Lieblich Gemüt.
Da glühen Blicke
Mir immerfort,
Erregend Liedchen,
Erheiternd Wort;
Ein immer offen,
Ein Blütenherz,
Im Ernste freundlich
Und rein im Scherz.
Wenn Ros‘ und Lilie
Der Sommer bringt,
Er doch vergebens
Mit Liebchen ringt.
Liebe Gäste, liebe Freunde,
die wärmeren Temperaturen wecken unsere Glieder und machen Lust aufs Reisen. So werden wir in diesem Menü die unterschiedlichsten Geschmackskulturen besuchen und diese miteinander tanzen lassen. Beginnen wollen wir im Vorderasiatischen: die Urkarotte aus Schönenberg werden wir eingelegt und gegart mit Joghurt paaren. Dazu kommen frische Minze und Ingwer, um die Kühle des Gerichts frühlingstauglich aufzuwärmen.
Unser Steinköhler wurde wie üblich vom Kleinboot aus dem Atlantik entlockt. Mit scharf fermentiertem Kimchi, rauchiger Paprika und geröstetem Sesam kleidet er sich koreanisch. Aber sein schmackhaftes, weiß-festes Fleisch kann es mit dieser starken Entourage leicht aufnehmen. Constanza Piccolo hat einen Sauvignon Blanc vom Österreichischen Weingut Vitikultur Moser gewählt, der durch seine cremige Textur und exotischen Aromen fabelhaft dazu harmoniert. Der naturbelassene “Diagonal” zeigt ein intensives Goldgelb im Glas und umspielt das Gericht mit Noten von Kokos, exotischen Früchten und Quitte.
Mit jedem Löffel genießen Sie im Zwischengang Kräuterseitlinge mit konfierten Zwiebeln. Gepickelte Gurke setzt freche Highlights auf der Zunge, wohingegen ein Schaum vom Safran basisch-buttrige Nuancen platziert. Die Krokusfäden zählen bis heute zu den wertvollsten Gewürzen: bis zu 200.000 Blüten müssen für ein Kilo Stempelfäden geerntet werden. Dafür benötigen 15 Pflücker einen ganzen Arbeitstag, die Blüte des Crocus Sativus hält lediglich zwei Wochen an und findet – entgegen unserer Assoziation vom Krokus als Frühlingsbote – tatsächlich im Herbst statt! Auf welchen Safran rekurrierte also Goethe?
Heiner Bohnet brät die Keule des großartigen Schwäbisch-Hällischen Landschweins aus Laßbach. Dazu reichen wir zwei klassische Komponenten: zum einen eine Kräuterbutter bestehend aus frischem Bärlauch und zum anderen ein Kümmelkondiment, das in dieser Kombination an den Österreichischen Kümmelbraten erinnert. Das Gewürz sorgt für noch mehr Bekömmlichkeit und ein breites Geschmacksspektrum, ebenso wie die Bitterstoffe des Gemüses auf dem Teller: gebratener Chicorée.
Zum Abschluss fügt sich Ost und West: Sauerkirschen von der elterlichen Obstwiese werden als Sorbet mit südamerikanischer Tonkabohne und östlichem Kardamom kombiniert. Ein Biskuit aus Basmatireis spannt den Bogen noch weiter bis zum Ende der Welt.
Seien Sie unsere Gäste!