Liebe Gäste, liebe Freunde,
ohne Zweifel kann die Rose als Königin unter den Blumen betitelt werden. So elegant in Farbigkeit und Form, zart die Haptik ihrer Blütenblätter, bestenfalls betörend ihr Duft, so unnahbar gibt sie sich mit ihren Dornen. Gertrude Stein, die sich vor rund einhundert Jahren mit den Funktionen und der Symbolik von Wörtern beschäftigte, war der Ansicht, dass diese auf nichts anderes als auf sich selbst verwiesen. „A rose is a rose is a rose“ – eine Tautologie, die für die Rose der Keruel nicht zutrifft. In diesem Fall ist eine Rose ist eine Rose ist eine Zwiebel, und zwar eine große, rosa-bronzefarbene. Überirdisch ziert uniformes, aufrechtes Laub die Knolle. Frühreifend kann sie bereits im August vom Feld geholt werden. Auch ihr Fruchtfleisch macht ihrem Namen alle Ehre: Rosafarben ist es besonders ansprechend, bei aromatischem Geschmack mit leichter Süße und geringer Schärfe. Ein triviales Gemüse wie eine Zwiebel als Rose zu bezeichnen, mag vielleicht überkandidelt klingen. Wenn man jedoch bedenkt, wie essentiell sie für den Geschmack vieler Gerichte ist oder auf wie vielen flämischen Stillleben sie etwa mit ihrer vielschichtigen Frucht nicht fehlen darf, scheint es keineswegs übertrieben. Heiner Bohnet hat sie für den dritten Gang des dieswöchigen Menüs bei der Solawi geerntet. Er kombiniert sie mit glasiertem Mangold und Sternanis. Dazu komplettieren Julienne von der Perilla mit ihrem ganz eigenen Geschmack mit Nuancen von Anis und Minze den Zwischengang.
Davor werden Sie bereits Schönenberger Chinakohl mariniert mit Tagetes-Vinaigrette genossen haben. Für diesen ersten Gang bildet säuerlich eingelegte Gelbe Bete die Basis. Geröstete Kürbiskerne und ein Kräuterbouquet aus dem eigenen Garten, der gerade in voller Blüte steht, offeriert Farbenpracht.
Danach schmeichelt Lachsforelle aus Eckartsweiler Ihren Geschmacksknospen. Auf der Haut gebraten bekommt sie Rote Mairübe in Butter glasiert an die Seite. Zitrone und Melisse geben dem Gang Richtung und Struktur.
Zum Hauptgang haben wir von Heiner Bunz aus Goggenbach köstliche Hähnchen bekommen. Zu je einem Stück aus Keule und Brust bereiten wir junge Lauchzwiebel, Spitzkohl und Perlgraupen. Constanza Piccolo hat dazu einen famosen Tropfen aus dem Burgund gewählt. Das Jahr 2015 hat sich als sonnig in die Geschichtsbücher geschrieben und schlägt sich bei den Spätburgundern mit einem fruchtigen, reifen Beerenaroma nieder. Der Chambolle Musigny vom Weingut Louis Jadot hat eine dunkle, rubinrote Farbe mit leicht orangefarbener Tönung. Weiche, samtige Tannine und zarte Noten von geröstetem Holz gestalten den Pinot Noir etwas würzig, sehr fruchtig und eloquent zum Geflügel.
Zum Abschluss hat Constanza Piccolo diese Woche einen Cocktail gemixt, der mit Himbeere und Haselnuss das Dessert umspielt. Die Johannisbeeren der Tante aus Brombach werden mit geröstetem Quinoa und einem Mousse von Apfelbananen zusammengebracht. Eberraute als frisches Kraut und als Sauce eröffnet ein ähnliches Aroma wie Cassisholz.
Auch wenn wir keine Rosen gepflanzt haben: die fröhliche Flora auf unserer Terrasse heißt Sie königlich willkommen. Wir reservieren Ihnen gerne einen Tisch.